Juliane Richter
Promotionsabschlussstipendium November 2024 – April 2025

Forschungsprojekt

Architektur-Zirkulation im globalen Sozialismus. Kooperationsprojekte der DDR auf Kuba 1960–1990 und ihr Erbe

Das Dissertationsprojekt untersucht die Planungs- und Baugeschichte von DDR-Bauvorhaben in Kuba im Kontext transnationaler Netzwerke und Austauschprozessen von Technologie, Materialien und Ideen. Der Untersuchungszeitraum reicht vom ersten Handels- und Kreditabkommen zwischen der DDR und Kuba 1960 bis zum Zerfall des Staatssozialismus in Osteuropa um 1990, wodurch Kuba seine wichtigsten Handelspartner verlor. Trotz der engen Beziehungen Kubas zur DDR im RGW sind viele dieser Bauprojekte weitgehend unerforscht.
Durch die Analyse dieser Projekte und ihrer Entstehungsgeschichten soll ein Verständnis der Zirkulation von Bauprojekten und Wissen im Rahmen eines ›Socialist Worldmaking‹ gefördert werden. Ein interdisziplinärer Ansatz zeigt die architektonische Zusammenarbeit zwischen DDR und Kuba, hinterfragt Erzählungen ungleicher Machtverhältnisse und ordnet das Erbe dieser Projekte ein, die noch heute Urbanisierungs- und Industrialisierungsprozesse beeinflussen.
Entgegen der Vorstellung eines unidirektionalen Exports von Ideen, Expertise und Material soll gezeigt werden, wie Kuba sich den Erwartungen an ein subalternes Gegenüber nicht unterordnete. Stattdessen nutzte es die Bauprojekte, um seine eigene Vision eines unabhängigen, antiimperialistischen Industriestaates voranzutreiben und trat als ›Exporteur‹ von Wissen und Bauwerken innerhalb der Süd-Süd-Kooperation auf. Dabei werden Identitätskonstruktionen und (Selbst-)Zuschreibungen als Industriestaat/Land der ›Dritten Welt‹ und einer ›sozialistischen Internationale‹ sowie kulturelle Konstruktionen, die mit dem Label ›Made in GDR‹ einhergehen, konfrontiert.

Zur Person
Juliane Richter ist Kunsthistorikerin und Journalistin und promoviert im DFG-Graduiertenkolleg ›Identität und Erbe‹ an der Bauhaus-Universität Weimar. Seit April 2022 ist sie assoziierte Wissenschaftlerin im ›Freigeist‹-Projekt »Conquering (with) Concrete: German Construction Companies as Global Players in Local Contexts« am Leibniz-Institut für Raumbezogene Sozialforschung (IRS) in Erkner. Ihre Magisterarbeit, die sich mit einem innerstädtischen Plattenbaugebiet in Leipzig beschäftigte, wurde 2015 publiziert und mit dem Theodor-Fischer-Preis des Zentralinstituts für Kunstgeschichte München ausgezeichnet. 2014 bis 2016 volontierte sie bei der Zeitschrift des Bundes Deutscher Architektinnen und Architekten die architekt.


Moritz Schmeing
Promotionsabschlussstipendium Januar – Juni 2025

Forschungsprojekt

Juden in der faschistischen Partei Italiens. Eine Prosopographie

Ausgangspunkt des Dissertationsvorhabens ist der verhältnismäßig hohe Anteil von Juden im Partito Nazionale Fascista (PNF), der faschistischen Partei Italiens. Ziel des Forschungsprojekts ist es, den Hintergründen dieser Anziehungskraft nachzugehen.
Entlang der Biografien von drei jüdischen Funktionären werden Gemeinsamkeiten der politischen Orientierungssuche nachgezeichnet und ins Verhältnis zu den Lebenswegen weiterer Parteimitglieder gesetzt. Die ausgewählten Personen Guido Jung (1876–1949), Gino Arias (1879–1940) und Elisa Majer-Rizzioli (1880–1930) repräsentieren dabei je unterschiedliche Herkünfte und Wege in die faschistische Partei. Guido Jung stammte aus einer Unternehmerfamilie aus Palermo, deren Wurzeln väterlicherseits nach Baden, mütterlicherseits nach Triest zurückreichen. 1924 trat er dem PNF bei und stieg zum Finanzminister Mussolinis (1932–1935) auf. Gino Arias war in Florenz aufgewachsen, vertrat während seiner Studienjahre in Bologna sozialistische Ideen, gründete 1904 eine zionistische Gruppe und näherte sich nach dem Ersten Weltkrieg zum Faschismus. Elisa Majer Rizzioli kam aus dem assimilierten jüdischen Bürgertum Venedigs. 1911 meldete sie sich freiwillig als Krankenschwester für den italienisch-türkischen Krieg, agitierte für den Kriegseintritt Italiens 1915 und schloss sich 1920 den fasci di combattimento an. Die Untersuchung der drei Lebenswege gibt Aufschluss über das ambivalente Verhältnis der faschistischen Partei gegenüber seinen jüdischen Mitgliedern und vice versa.
Über die jüdischen PNF-Mitglieder hinaus wird außerdem die Generation ihrer Eltern in den Blick genommen, die die Gründung des vereinten italienischen Königreichs 1861 und die italienweite Emanzipation der Juden erlebt hatten. Der Arbeit liegt die Hypothese zugrunde, dass die Frage nach den jüdischen Angehörigen des PNF nur vor dem Hintergrund der spezifisch jüdischen Bindung an das Risorgimento, die italienische Nationalstaatsbildung, verstanden werden kann.

Zur Person
Moritz Schmeing studierte Kulturwissenschaften, Geschichte und Politik an den Universitäten Leipzig, Jena und Krakau. Seit 2020 ist er Promovend am Leibniz-Institut für jüdische Geschichte und Kultur – Simon Dubnow. Gefördert wurde er von 2021 bis 2024 durch die Hans-Böckler-Stiftung sowie durch Forschungsstipendien des Deutschen Historischen Instituts in Rom und dem Deutschen Studienzentrum in Venedig.