Stefan Hellmuth
Promotionsabschlussstipendium August 2024 – Januar 2025

Forschungsprojekt

Die unterbliebene Restitution. Der Verbleib ›arisierten‹ Eigentums in der SBZ/DDR am Beispiel Thüringens 1945 bis 1990.

Während der nationalsozialistischen Diktatur wurden die deutschen Jüdinnen und Juden von Staat und Gesellschaft schonungslos beraubt, ihr Eigentum wurde ›arisiert‹. Nach 1945 sollten die vormaligen Eigentumsverhältnisse im Zuge der ›Wiedergutmachung‹ wiederhergestellt werden. Ein entsprechendes Gesetz trat in Thüringen bereits wenige Monate nach Kriegsende in Kraft.
In den gerichtlichen Aushandlungsprozessen über die Restitution ehemals jüdischen Eigentums brachten jüdische Überlebende ihre vielschichtigen Verlusterfahrungen zum Ausdruck. Ihr Blick auf ›Arisierung‹ und ›Wiedergutmachung‹ dient als Ausgangspunkt für die Untersuchung der Restitution in Thüringen. Sowohl die Exkulpationsstrategien der ›Ariseure‹ als auch die erneuten Enteignungsmaßnahmen der sozialistischen Machthaber offenbaren die antisemitische Disposition der beiden deutschen Diktaturen. Eine quantitative Auswertung der Gerichtsfälle gibt zudem Aufschluss über den Verbleib des vormals jüdischen Eigentums. Das Forschungsprojekt leistet damit einen Beitrag zur Verflechtungsgeschichte im 20. Jahrhundert, indem es gesellschaftliche und ideologische Kontinuitäten offenlegt.

Zur Person
Stefan Hellmuth, geboren 1988 in Erfurt; 2008 – 2016 Studium der Geschichtswissenschaft an der Universität Erfurt; 2016 – 2018 pädagogisch-wissenschaftliches Volontariat in der Gedenk- und Bildungsstätte Andreasstraße in Erfurt; seit 2018 Doktorand an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, 2019 – 2023 gefördert durch die Landesgraduiertenförderung der FSU Jena.


Juliane Richter
Promotionsabschlussstipendium November 2024 – April 2025

Forschungsprojekt

Architektur-Zirkulation im globalen Sozialismus. Kooperationsprojekte der DDR auf Kuba 1960–1990 und ihr Erbe

Das Dissertationsprojekt untersucht die Planungs- und Baugeschichte von DDR-Bauvorhaben in Kuba im Kontext transnationaler Netzwerke und Austauschprozessen von Technologie, Materialien und Ideen. Der Untersuchungszeitraum reicht vom ersten Handels- und Kreditabkommen zwischen der DDR und Kuba 1960 bis zum Zerfall des Staatssozialismus in Osteuropa um 1990, wodurch Kuba seine wichtigsten Handelspartner verlor. Trotz der engen Beziehungen Kubas zur DDR im RGW sind viele dieser Bauprojekte weitgehend unerforscht.
Durch die Analyse dieser Projekte und ihrer Entstehungsgeschichten soll ein Verständnis der Zirkulation von Bauprojekten und Wissen im Rahmen eines ›Socialist Worldmaking‹ gefördert werden. Ein interdisziplinärer Ansatz zeigt die architektonische Zusammenarbeit zwischen DDR und Kuba, hinterfragt Erzählungen ungleicher Machtverhältnisse und ordnet das Erbe dieser Projekte ein, die noch heute Urbanisierungs- und Industrialisierungsprozesse beeinflussen.
Entgegen der Vorstellung eines unidirektionalen Exports von Ideen, Expertise und Material soll gezeigt werden, wie Kuba sich den Erwartungen an ein subalternes Gegenüber nicht unterordnete. Stattdessen nutzte es die Bauprojekte, um seine eigene Vision eines unabhängigen, antiimperialistischen Industriestaates voranzutreiben und trat als ›Exporteur‹ von Wissen und Bauwerken innerhalb der Süd-Süd-Kooperation auf. Dabei werden Identitätskonstruktionen und (Selbst-)Zuschreibungen als Industriestaat/Land der ›Dritten Welt‹ und einer ›sozialistischen Internationale‹ sowie kulturelle Konstruktionen, die mit dem Label ›Made in GDR‹ einhergehen, konfrontiert.

Zur Person
Juliane Richter ist Kunsthistorikerin und Journalistin und promoviert im DFG-Graduiertenkolleg ›Identität und Erbe‹ an der Bauhaus-Universität Weimar. Seit April 2022 ist sie assoziierte Wissenschaftlerin im ›Freigeist‹-Projekt »Conquering (with) Concrete: German Construction Companies as Global Players in Local Contexts« am Leibniz-Institut für Raumbezogene Sozialforschung (IRS) in Erkner. Ihre Magisterarbeit, die sich mit einem innerstädtischen Plattenbaugebiet in Leipzig beschäftigte, wurde 2015 publiziert und mit dem Theodor-Fischer-Preis des Zentralinstituts für Kunstgeschichte München ausgezeichnet. 2014 bis 2016 volontierte sie bei der Zeitschrift des Bundes Deutscher Architektinnen und Architekten die architekt.